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Was ist ein Interview?

Interview, Aussage, Statement, O-Ton, Zitat – Journalisten und Medien benutzen eine ganze Menge Begriffe für das, was Interviewpartner sagen. Und oft ist es dem Interviewpartner gar nicht klar, was der Journalist eigentlich will, wenn er ein Interview anfragt. (Dass der Journalist das selber nicht weiß, kommt auch vor – sollte aber die Ausnahme sein….) Hier also ein kleiner Überblick, was sich hinter dem Begriff „Interview“ alles verbirgt.

Recherche-Interviews
… sind erst einmal nur eine Menge Fragen
Journalisten bearbeiten ein Thema. Und sie benötigen dafür Informationen. Die holen sie sich bei Google, aus dem Archiv, bei Kollegen. Und sie rufen bei Experten an, stellen eine Menge Fragen und hoffen auf schlaue Antworten. Ein solcher Anruf ist aber nicht schon ein Interview im eigentlichen Sinne; er bedeutet nicht, dass der Journalist die Sätze des Experten auch veröffentlichen möchte. Journalisten sollten zu Beginn eines Gespräches sagen, ob es „nur“ ein Recherche-Interview (nicht-öffentlich) ist, oder schon ein Produktions-Interview (zur Veröffentlichung). Wenn sie das nicht tun, dann sollten Sie, der Experte, danach fragen.

– Zitate, für Zeitung, Zeitschrift
… sind das Salz in der („journalistischen“) Suppe
Journalisten schreiben Texte. Und beziehen sich zwischendurch immer wieder auf Personen, mit denen sie gesprochen haben. Diese Zitate (oder auch: Statements) werden entweder wortwörtlich übernommen, als direkte Rede (So sagt Medientrainer Stefan Korol: „Ein Interview zu geben, das ist Schwerstarbeit“). Oder die Zitate werden als indirekte Rede in den Text eingebaut („so meint Medientrainer Stefan Korol, dass Zitate Schwerstarbeit sind“). Wichtig und gut zu wissen: Zitate (und zwar nur die, nicht der gesamte Artikel) müssen vor dem Druck vom Zitatgeber autorisiert werden. Interviewpartner können also vor der Veröffentlichung lesen, mit welchen Worten sie später zitiert werden.

– O-Töne, für Radio und Fernsehen
… müssen sendefertig gesprochen werden
Zitate und Wortlaut-Interviews gibt es auch bei Radio und Fernsehen, nur heißt „Zitat“ hier „O-Ton“ (Original-Ton). Auch beim Radio und Fernsehen werden die meisten Interviews geführt, um einen O-Ton zu haben, den der Journalist in seinen Beitrag einbauen kann. Der Unterschied zum Print: Ein Zitat für die Zeitung kann der Journalist „glätten“: umstellen, kürzen, verständlicher schreiben. Das ist bei einem O-Ton nicht möglich. Beim Radio kann der Journalist vielleicht noch einige „hhmm“ und „ähh“ heraus- und einen zu langen Satz in der Mitte einfach abschneiden. Einen Satz abschneiden, das geht auch beim Fernsehen, aber Stotterer herausschneiden, nicht. Ein Interview für Radio und Fernsehen muss deswegen sprachlich viel besser sein, als für die Zeitung.

Wortlaut-Interviews
… sind die „echten“ Interviews
Bei wichtigen Menschen und wichtigen Themen wollen Journalisten auch ein Wortlaut-Interview haben. Das besteht nur aus Zitaten und den entsprechenden Fragen des Journalisten, ist also ein echtes Frage-Antwort-Frage-Antwort-Interview. Wortlaut-Interviews sind, im Vergleich zu Zitaten, eher selten. Auch hier gilt: Wenn das Interview für ein Printmedium ist, muss es dem Interviewten vor der Veröffentlichung noch einmal vorgelegt werden; es können dann zum Beispiel auch noch Antworten verändert werden. Diese Nachbearbeitung sollte aber nur in Maßen erfolgen: Wenn alle interessanten und vielleicht auch angreifbaren Aussagen gestrichen werden, dann wird der Journalist das Interview nicht mehr veröffentlichen wollen.

Wortlaut-Interviews im Radio (Aufzeichnung)
Da müssen wir unterscheiden zwischen den Musik-Radio und dem Wort-Radio. Die meisten Radiosender senden ein Musikprogramm. Das ist billig, einfach und findet viele Hörer. Wortlaut-Interviews kommen da eher selten vor. Im Gegensatz dazu die Wort-Radios, also Programme, in denen wenig musik gespielt und viel geredet wird. Dieses Sender bringe viele Wortlaut-Interviews. Meistens kommen die Interviewpartner in den Sender, das Interview wird geführt, aufgenommen, noch geschnitten und dann gesendet. Ab und zu kommen die Radioredaktuere mit einem Aufnahmegerät zum Interviewpartner. Egal, ob im Studio oder beim Interviewpartner: Änderungen, Verbesserungen sind beim Radio-Interview nur eingeschränkt möglich – aus einem stotternden Stammeln, aus langen Schlangensätzen, womöglich noch gespickt mit Fachbegriffen, kann auch der beste Journalist keine verständliche, überzeugende und sympathisch klingende Antwort schneiden.

Wortlaut-Interviews im Fernsehen (Aufzeichnung)
Die meisten Wortlaut-Interviews im Fernsehen gibt es in den (vielen) Talkshows. Die Shows werden in der Regel aufgezeichnet, noch leicht bearbeitet und dann gesendet. Fernseh-Interviews, bzw. Auch in den TAGESTHEMEN oder Im HEUTE JOURNAL werden öfter Wortlaut-Interviews geführt. Fernsehinterviews bzw. Interview-Antworten können kaum bearbeitet/verbessert werden. Fast immer ist es nur möglich, Sätze zu kürzen. Alle weiteren Schnitte würden zu so genannten Bildsprüngen führen – das sieht nicht gut aus und solche Schnitte sind auch sehr aufwendig.

Wortlaut-Interviews in Radio und Fernsehen
sind selten und werden nur bei ganz großen Themen, meistens Katastrophen, geführt.

– Live-Interviews
…sind die Königsdisziplin
Alles was Sie sagen und tun wird gesendet – und damit gehört und gesehen. Womöglich von Millionen. Das sollte wissen, wer sich auf ein Live-Interview einlässt. Es gibt keinen Notausschalter, keine Wiederholung, keinen zweiten Versuch. Das Live-Interview findet entweder im Sende-Studio statt, oder der Interviewpartner wird zugeschaltet; sitzt also in einem Studio in einer anderen Stadt, in einem anderen Land. Beim Radio entweder telefonisch oder über ein externes Studio, beim Fernsehen in der Regel immer über ein externes Studio (die so genannte „Schalte“). Fernseh-Studio bedeutet: Hektik, Hitze, grelles Licht, Menschen wuseln um Sie herum, Ansagen, die Sie nicht verstehen. Und plötzlich ist Ruhe – und Sie sind auf Sendung. Da ist es nicht einfach, einen klaren Kopf zu behalten, souverän und überzeugend zu reden. Schon gar nicht, wenn Moderator (Nachrichtensendung) oder andere Gesprächspartner (Talkshow) Ihnen vielleicht ins Wort fallen…

Lernen durch Interviews
Lesen, hören und schauen Sie, wie die anderen Interviewpartner das machen, wie ihre Antworten auf die Journalisten-Fragen sind. So bekommen Sie ein Gespür, wie Sie demnächst mal IHR Thema in den Medien erklären und präsentieren können.

Viel Spaß!
Stefan Korol